Astrid-Lindgren-Schule Marburg / Marburg

Jahrgangsübergreifendes Lernen und Praxisbeobachtung an der Astrid-Lindgren-Schule

 

 

Jahrgangsübergreifendes Lernen

und

Praxisbeobachtung an der Astrid-Lindgren-Schule


 

Datum: 28. August 2009

 


Inhaltsverzeichnis


1.Einleitung 3

 

2. Hinterfragung altershomogener Klassen 3

 

3. Jahrgangsübergreifendes Lernen als Antwort auf Heterogenität 5

3.1 Das pädagogische Grundkonzept 5

3.2 Vorteile des jahrgangsübergreifenden Lernens 6

3.3. Organisation des jahrgangsübergreifenden Unterrichts 7

 

4. Jahrgangsübergreifendes Lernen an der Astrid-Lindgren-Schule Marburg 8

4.1 Kurzprofil der Astrid-Lindgren-Schule 8

4.2 Flexible Schuleingangsstufe an der Astrid-Lindgren-Schule 9

4.3 Unterrichtsbeobachtung in der 1/2f 10

4.3.1 Klassenprofil 10

4.3.2. Beispiel aus dem Deutschunterricht 11

4.3.3. Weitere Einblicke in den Unterricht 13

4.4. Jahrgangsübergreifendes Lernen 0-4 an der Astrid-Lindgren-Schule:

Ein Ausblick 13

 

5. Fazit 15

 

6. Danksagung 16

 

7. Bibliographie 17

 

8. Anhang 18

 

9. Eidesstattliche Erklärung 24

 

 

1. Einleitung

Jahrgangsübergreifendes Lernen? Wie geht das und warum? Mit etwa diesen Gedanken und großer Neugier begann ich meine Arbeit zu diesem Thema. Altersgemischte Klassen kannte ich aus dem Kurssystem ausländischer Schulen und von den Schulerfahrungen meiner Großmutter; dass ich mit dieser Vorstellung aber noch nicht die ganze Breite des Phänomens erfasst hatte, wurde mir sehr bald bewusst.

Jahrgangsklassen gehören zu unserem Schulsystem fast so wie die Tafel und der Pausenhof. Doch das Konzept von jahrgangshomogenen Klassen wird nur selten hinterfragt. Dabei hat sich die Umwelt der Kinder längst weiterentwickelt und Konzepte, die früher passend waren, müssen längst nicht mehr gültig sein. Den Jahrgangsklassen wird in der Regel Effizienz nachgesagt, da die Lerngruppen homogen und somit einfacher zu unterrichten seien. Die unterschiedlichen Entwicklungs- und Leistungsstände, die sich trotz gleichen Alters ergeben werden dabei oft übergangen. Die Konsequenz: langsamere Schüler müssen wiederholen und ihre Bezugsgruppe wechseln, schnellere Schüler sind unterfordert oder müssen ebenfalls durch Überspringen ihre Bezugsgruppe wechseln. Jahrgangsübergreifendes Lernen bedeutet Heterogenität zuzulassen und sie als Antrieb für den Unterricht zu nutzen. Leistungs- und Entwicklungsunterschiede gelten als normal und dienen der gesamten Lerngruppe. Diese Arbeit soll darstellen wie jahrgangsübergreifender Unterricht als Antwort auf Heterogenität genutzt werden kann.

 

 

2. Hinterfragung altershomogener Klassen

1

3

5 Alters- und leistungshomogene Klassen sind somit eine Fiktion, nach welcher sich aber bedauerlicherweise die Unterrichtsstruktur richtet.

6 Die Heterogenität der Lerngruppe steht hier im Vordergrund und die Schüler können gemäß ihren individuellen Bedürfnissen gefördert werden. Die Ausführungen in dieser Arbeit beziehen sich auf Jahrgangsübergreifendes Lernen in der Primarstufe.

 

3. Jahrgangsübergreifendes Lernen als Antwort auf Heterogenität

 

 

3.1 Das pädagogische Grundkonzept

8 Aus dieser Idee heraus ergibt sich ein kostruktivistischer Ansatz des Lernens:

9

Die veränderten Lebensbedingungen (s.o.) der Kinder erfordert auch das Erlernen entsprechender Sozialkompetenzen. Eine altersgemischte Lerngruppe fördert das soziale Lernen, da

10

11 Nur ein vielfältiges Lernangebot, welches auf die unterschiedlichen Begabungen und Entwicklungen der Kinder eingeht, kann der Heterogenität gerecht werden.

 

 

 

 

3.2 Vorteile des jahrgangsübergreifenden Lernens

14.

17

18 Die Rollenverteilung der Schüler ändert sich in ihrer Schulzeit vom Hilfesuchenden zum Helfer. Dieser Wechsel der Rollenverteilung bietet neue soziale Erfahrungen und eine Gelegenheit der Selbstreflexion.

19 Durch diese Flexibilität, die sich aus den unterschiedlichen Lernangeboten ergibt, wird eine ständige Unter- oder Überforderung vermieden.

Jahrgangsübergreifendes Lernen schafft eine natürliche Lernsituation. Es nutzt die Heterogenität der Lerngruppe als Motor zum Lernen. Ein breites Lernangebot, sowie mehr Flexibilität in der Gestaltung der Schulzeit sollen den Kindern in ihrer individuellen Entwicklung gerecht werden. Durch das Lernen von- und miteinander wird Wissen vertieft und das soziale Handeln gefördert. Auf diese Weise erleben die Kinder Heterogenität bewusst als etwas Positives.

 

3.3. Organisation des jahrgangsübergreifenden Unterrichts

20 Das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München nennt für dieses neue Modell folgende Zielsetzung:

  • Öffnung des Unterrichts und neue Lernformen wie z.B. Freiarbeit,

Tagesplan- und Wochenplanarbeit, Projekt- und Werkstattunterricht

  • Berücksichtigung der verschiedenen Entwicklungsstände der Kinder

durch differenziertes, individuelles und gemeinsames Lernen der Kinder

  • ein entdeckender, forschend-problemlösender Unterricht, der die

eigenaktiven Lernprozesse der Schüler/ innen unterstützt

  • offene Lernformen sowie eine anregende Lernumgebung, die den

Kindern helfen, die Verantwortung für ihr Lernen selbst zu übernehmen

  • Balance zwischen fachorientiertem und fächerübergreifenden Unterricht

  • Erwerb von sozialen Kompetenzen

  • Stärkung des Selbstwertgefühls

  • (Neue) Lehrerrolle

  • 21

 

Aus diesen Zielsetzungen heraus ergibt sich auch eine veränderte Lehrerrolle. Der Lehrer ist zunehmend Organisator, Begleiter und Berater von Lernprozessen. Seine Arbeit wird auch durch die älteren Schüler unterstützt. Wie die Umsetzung dieses Lernmodells konkret aussehen kann wird im Folgenden am Beispiel der Astrid-Lindgren-Schule Marburg erläutert.

 

 

4. Jahrgangsübergreifendes Lernen an der Astrid-Lindgren-Schule Marburg

 

4.1 Kurzprofil der Astrid-Lindgren-Schule

23 Im Schuljahr 2008/09 gab es neun Eingangsstufenklassen (1/2), vier Klassen der Jahrgangsstufe drei und weitere vier Klassen der Jahrgangsstufe vier.

25 Durch verschiedene Projekte, wie den Vorlaufkursen oder dem Jahrgangsübergreifenden Lernen in der flexiblen Eingangsstufe, versucht die Astrid-Lindgren-Schule diese Bedingungen aufzufangen.

 

 

 

 

 

4.2 Die flexible Schuleingangsstufe an der Astrid-Lindgren-Schule

Bereits 1971 wurde an der Astrid-Lindgren-Schule eine Eingangsstufe eingerichtet. In eine Eingangsstufenklasse, wie sie an hessischen Grundschulen oft vorkommt, werden Kinder im Alter von fünf Jahren aufgenommen. Innerhalb von zwei Jahren werden sie an die Lern- und Arbeitsformen der Grundschule herangeführt. Da diese Klassen oft ein „Auffangbecken für Problemkinder“ sind, die eine längere Eingewöhnungsphase an die Schule benötigen, macht die sozialpädagogische Arbeit in der Klasse einen wesentlichen Bestandteil aus. Die zweijährige Eingangsstufe ersetzt die Jahrgangsstufe eins.

Aus der Sicht heraus, die Eingangsstufe sei ein „Auffangbecken“ ergab sich eine Zweigleisigkeit von „normalen 1er Klassen“ und den schlechteren „0/1er Klassen“, in denen seit 1994 jahrgangsübergreifend unterrichtet wurde. Dieser Sichtweise sollte der Schulversuch „Neukonzeption der Schuleingangsstufe“ entgegenwirken. Auf Anregung des hessischen Kultusministeriums wurde nach einem Vorlaufjahr 1998/99 die Eingangsphase für alle Klassen vereinheitlicht. Dies bedeutet, dass fünf- bis acht-jährige Kinder gemeinsam in der Eingangsstufe (0/1/2, im Weiteren als 1/2 bezeichnet) unterrichtet werden. Dieser Modellversuch bot die Möglichkeit, zum einen das jahrgangsübergreifende Lernen zu vereinheitlichen und zum anderen wurden die „problematischen 0er Kinder“ auf die „regulären“ Klassen verteilt.

Zur Umsetzung der Neukonzeption der Schuleingangsstufe gab es eine Arbeitsgruppe, die an anderen Schulen hospitierte, sowie Arbeitsmaterial sammelte und konzipierte. Während sich das Kollegium fast geschlossen für diesen Modellversuch aussprach, gab es von Seiten der Elternschaft auch viele Bedenken. Sie fürchteten z.B., dass ihre Kinder durch das gemeinsame Lernen mit jüngeren Schülern benachteiligt werden könnten. Auf der anderen Seite wurde aber vor allem die sich aus der Neukonzeption ergebende Möglichkeit , dass die Kinder je nach Bedarf ein Jahr länger in der 1/2 verweilen oder diese schneller als in zwei Jahren durchlaufen können, begrüßt.

26

 

 

4.3. Unterrichtsbeobachtung in der 1/2 f

4.3.1 Klassenprofil

27 Die Kinder der Jahrgangsstufe eins werden „Minis“ genannt, die der Jahrgangsstufe zwei „Maxis“. Die Klasse 1/2 f setzt sich zusammen aus sechs Jungen und 17 Mädchen. Von den 23 Schülern sind 14 „Maxis“ (von denen drei dieses Schuljahr verblieben sind) und neun „Minis“, wobei zwei von ihnen erst zum Halbjahr eingeschult wurden und somit auch als „Miniminis“ bezeichnet werden. Somit umschließt diese Klasse 4 Jahrgänge.

 

Stundenplan der Klasse 1/2f

 

Montag

Dienstag

Mittwoch

Donnerstag

Freitag

8.00 Uhr

Offener Anfang

1. Std.

Sport

GU*

GU

Sport

GU

2. Std.

Sport

Deutsch

GU

GU

Deutsch

10.00-10.20Uhr

Pause

3.Std.

Deutsch

Mathe

Deutsch

Deutsch

Mathe

4.Std.

Mathe

GU

Mathe

Mathe

GU

* GU= beinhaltet Sachunterricht, Kunst, Musik, Religion

 

Jeden Morgen gibt es eine freie Spielzeit. In dieser Zeit begeben sich die Schüler in ihren Klassenraum und haben die Möglichkeit mit ihren Mitschülern zu Spielen. Um 8.00 Uhr kommt die Klassenlehrerin in die Klasse. Die folgenden 20 Minuten bis zur ersten Unterrichtsstunde kann die Lehrerin frei gestalten. Beispielsweise können Hausaufgaben kontrolliert und Probleme besprochen werden. Außerdem besteht die Möglichkeit auf Bedürfnisse einzelner Kinder einzugehen. Die Fächer, die unter GU zusammengefasst sind, werden in der Klasse gemeinsam unterrichtet. Mathe und Deutsch werden hingegen oft in getrennten Lerngruppen durchgeführt. Im Rahmen des Deutsch und PC Programms erhalten die Kinder hier individuelle Förderung. Wie am folgenden Unterrichtsbeispiel zu sehen, können Mathe und Deutsch aber auch gemeinsam unterrichtet werden.

 

4.3.2. Ein Beispiel aus dem Deutschunterricht

Während ich hospitierte, hat die Klasse im Deutschunterricht über den Zeitraum einer Woche ein Bilderbuch besprochen und dieses selbst neu geschrieben. Zu Beginn der Unterrichtseinheit wurde die Sitzordnung neu organisiert. Jeder „Mini“ sollte neben einem „Maxi“ sitzen. Auf diese Weise kann das Miteinander und die Unterstützung der „Minis“ durch die „Maxis“ gefördert werden. Der Unterricht wurde von einer zweiten Lehrkraft, sowie zeitweise auch von einer Sozialpädagogin unterstützt.

Als Einstieg in das Bilderbuch wurde die erste Seite gezeigt (auf einer Wiese schauen aus zwei Löchern Hasenohren heraus). Die Kinder sollten mitteilen, was sie auf diesem Bild erkennen können. Fast alle Kinder haben einen Vorschlag genannt, dabei gab es keine Unterschiede in der Kreativität und dem Ideenreichtum zwischen „Maxis“ und „Minis“.

Nach dieser Einstiegsphase haben die Lehrerinnen das Geheimnis des Bildes gelüftet. Während die eine Lehrerin den Text zum Bild vorlas, spielte die andere die Szene mit einem selbst gebastelten Puppentheater nach. Nun sollten die Kinder beginnen, die Geschichte selbst niederzuschreiben. An der Tafel wurden zunächst Beispielsätze gesammelt, die die Kinder in ihrem Text verwenden konnten. In Stillzeit sollte dann jedes Kind seinen eigenen Text schreiben. Die Aufgabenstellung war also für die gesamte Klasse dieselbe, wobei das Ergebnis auf Grund des unterschiedlichen Leistungsstandes natürlicherweise sehr unterschiedlich sein würde.

Während der Stillzeit (in der natürlich Partnerarbeit zwischen „Minis“ und „Maxis“ erwünscht war) war es spannend zu beobachten, wie offen die „Maxis“ auf die Probleme der „Minis“ reagiert haben. Sie sprachen gemeinsam Sätze ab oder erklärten bei Bedarf noch mal die Aufgabe. Bei einer Partnergruppe habe ich beobachtet wie der „Maxi“ an die Tafel ging und auf einen der Beispielsätze zeigte. Die Schülerin wollte ihrem Partner verdeutlichen, woher ihre Idee für den nächsten Satz kam. Auch bei Schreibproblemen haben die“ Maxis“ oft geholfen. So kam es nicht selten vor, dass ich hörte, wie einer dem anderen die Wörter buchstabierte. Es gab aber auch Gruppen, in denen die „Minis“ selbstständig gearbeitet haben.

Nach dieser ersten Arbeitsphase wurde die Geschichte weiter vorgelesen. Passend zum Inhalt dieses zweiten Teils, standen Sätze in Form eines Lückentextes an der Tafel. Die Kinder hatten die Aufgabe, diese Sätze in ihr Buch zu übertragen und dabei die Lücken zu füllen. Ich konnte beobachten, wie ein „Maxi“ seinem „Mini“-Partner an der Tafel zeigte, welchen Satz sie nun abschreiben müssten, da der „Mini“ sich etwas in den Sätzen verloren hatte. Nachdem der „Mini“ den Satz „Mein Freund heißt ….“ abgeschrieben hatte, ergab sich folgender Dialog:

Mini“: „Und jetzt?“

Maxi“: „Wie heißt denn der Freund von Karni (Figur aus dem Buch)?“

Mini“: „Nickel!“

Maxi“: „Genau! Also schreiben wir jetzt in die Lücke Nickel! “

Dieser kurze Ausschnitt der Unterrichtsreihe ist ein gutes Beispiel dafür wie jahrgangsübergreifendes Lernen aussehen kann. Die Kinder beschäftigen sich mit demselben Thema und haben sogar dieselbe Aufgabenstellung. Dennoch kann jedes Kind die Aufgabe entsprechend seinem eigenen Leistungsniveau lösen. Die Unterstützung der älteren Schüler gegenüber den jüngeren war offensichtlich. Hier ist noch anzumerken, dass die älteren Schüler freiwillig und wie selbstverständlich ihren jüngeren Klassenkameraden geholfen haben. Am nächsten Tag erzählte mir die Klassenlehrerin, sie habe am Abend einen Anruf eines besorgten Elternteils erhalten. Die Tochter sei aufgelöst nach Hause gekommen, da sie in der Schule nichts geschafft habe und der Mini sie ständig aufgehalten habe. Im Unterricht selber konnte ich nicht feststellen, dass einer der älteren Schüler sich daran rieb, dem Jüngeren zu helfen. Insofern denke ich, ist es auch eine großartige soziale Leistung der Schülerin, dass sie ihrem Partner geholfen hat, obwohl sie lieber ihre eigene Arbeit hätte machen wollen. Zwar ist es schade, dass sich ältere Schüler in gewisser Weise von den jüngeren aufgehalten fühlen, auf der anderen Seite haben sie aber zusätzliche Leistungen erbracht. Das Buchstabieren der Wörter z.B. ist eine gute Rechtschreibübung für sie. Zudem haben sie ihr eigenes Interesse in den Hintergrund gestellt, um ihren Partnern behilflich sein zu können. Nicht selten kam es vor, dass die älteren Schüler sich fast wie eine Lehrperson über die jüngeren beugten, deren Texte kontrollierten und sie auf Fehler aufmerksam machten.

 

4.3.3. Weitere Einblicke in den Unterricht

Anders als im Deutschunterricht konnte ich im Sportunterricht keine Differenzierung zwischen älteren und jüngeren Kindern erkennen. Alle tobten gemeinsam durch die Sporthalle und spielten dieselben Spiele. Sport war die erste Stunde, die ich in dieser Klasse hospitiert habe und abgesehen von einigen Größenunterschieden hätte ich allein von der sportlichen Leistung her nicht sagen können, welches Kind „Mini“ oder „Maxi“ war. Gleiches gilt für die Stunde Sachunterricht, in der ich hospitierte. Die Kinder stellten zu der Zeit Haustiere vor. An diesem Tag brachte eine Schülerin ihren Goldfisch von zu Hause mit. Im Sitzkreis erzählte sie ihren Mitschülern, wie der Fisch lebt, was er frisst, wie sie ihn füttert und beantwortete weitere Fragen der anderen Schüler. Später brachte die Mutter einer Schülerin einen Hund mit. Sie erzählte vom Alltag mit einem Hund und anschließend durften die Kinder, wenn sie wollten, den Hund füttern. Hier zeigt sich, dass nicht bei jedem Thema zwischen älteren und jüngeren Schülern unterschieden werden muss. Die Kinder erleben und lernen gemeinsam, ohne dass ein Leistungsunterschied auf Grund des Alters oder der Entwicklung eine Rolle spielt.

Die Klassenlehrerin berichtete mir zudem wie sie die Kinder im Matheunterricht gemeinsam unterrichten kann. So wendet sie zum Beispiel oft die gleiche Methode, aber mit einem unterschiedlichen Zahlenraum an.

 

 

4.4. Jahrgangsübergreifendes Lernen 0-4 an der Astrid-Lindgren-Schule: Ein Ausblick

Wie bereits im Kurzprofil der Schule beschrieben, ist die flexible Eingangsstufe eine der vielen Maßnahmen der Astrid Lindgren Schule, die problematischen Ausgangsbedingungen vieler Schüler aufzufangen. Die Erfahrungen des Kollegiums zeigen jedoch, dass dies nicht ausreicht und vor allem der Wechsel in die Jahrgangsstufe drei jedes Jahr problematisch ist. Eines dieser Probleme ist der Lehrerwechsel von Klasse 1/2 nach Klasse 3. Die Schüler müssen sich an einen neuen Lehrer und neue Rituale gewöhnen. Zudem treffen sie auf neue Mitschüler, was dazu führt, dass sich zunächst eine neue Klassenstruktur bilden muss. Dieser Prozess ist nicht selten mit starken Reibereien zwischen den Schülern verbunden. Zielgerichtetes Unterrichten und die Vergabe von Noten ruft Konkurrenzdenken unter den Schülern hervor. Ebenfalls problematisch ist, dass durch den Lehrerwechsel auch das Wissen über den „individuellen Lernfortschritt“ verloren geht. Um den Kindern mehr Kontinuität, Verlässlichkeit und Struktur zu bieten, was besonders für die Schüler aus dem sozialen Brennpunkt und/oder mit einem Migrationshintergrund wichtig ist, hat das Kollegium zunehmend die Vorstellung entwickelt, das jahrgangsübergreifende Lernen auf die Klasse 0-4 auszuweiten. Die Pädagogische Begründung der Astrid-Lindgren-Schule für das jahrgangsübergreifende Lernen von 0-4 befindet sich im Anhang. Während des Schuljahres 2008/09 hat die Schule an einem möglichen Konzept gearbeitet. Da die Zusage für dieses Projekt von Seiten der zuständigen Stellen erst sehr spät (zu Beginn der Sommerferien) kam, wird das Modell zunächst im Schuljahr 2009/10 nur bis zur Jahrgangsstufe 3 erprobt. Die Umstellung auf jahrgangsübergreifendes Lernen bis zur Klasse 4 soll dann im darauf folgenden Schuljahr erfolgen.

Das Modell:

1/2-> 2/3-> 3/4-> 4/1

(„alte“ Viertklässler verlassen die Schule, neue Erstklässer kommen in die Klasse)

4/1-> 1/2-> 2/3-> 3/4

Die Erstklässler, die zu Beginn ihrer Schulzeit in eine 1/2 Klasse eingeschult werden, sind bis zur 3/4 in der Rolle des jüngeren Schüler. Kinder, die hingegen in einer 1/4 Klasse eingeschult werden sind nur zu Beginn in der Rolle des Anfängers und dann bis zur 3/4 die älteren Schüler. Der Vorteil: Die Kinder bleiben die gesamte Grundschulzeit einem Lehrer zugeordnen und drei Jahre lang in einer Lerngruppe. Jedes Kind ist zu Beginn seiner Schulzeit in der Rolle des Anfängers und später in der Rolle des älteren Schülers.

 

 

 

 

5. Fazit

Das Lernen in Jahrgangsklassen orientiert sich am Mittelmaß. Dabei werden sowohl langsamere als auch schnellere Schüler übergangen. Jahrgangsübergreifender Unterrichtet hingegen bietet eine Antwort auf die Alters- und Entwicklungsheterogenität der Schüler. Er eröffnet Möglichkeiten der Individualisierung und Differenzierung. Besonders die Schuleingangsphase kann durch altergemischten Unterricht für die Schüler erleichtert werden. Der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule ist für die Schüler angenehmer, da an ihre Erfahrungen und Entwicklungsstände aus ihrer Vorschulzeit angeknüpft wird. Schüler, die eine längere Zeit zur Eingewöhnung an die Schule benötigen, haben die Möglichkeit einer längeren Verweildauer, ohne ihre Bezugsgruppe wechseln zu müssen. Jahrgangsübergreifendes Lernen knüpft auch an die Veränderungen in der Gesellschaft an. Heterogenität wird bewusst und positiv erlebt. Unterschiede werden zu einer Selbstverständlichkeit und die Schüler erfahren ein stärkeres Mit- und Füreinander.

Meine Erfahrungen, die ich an der Astrid-Lindgren-Schule gesammelt habe, verstärkten dieses Bild. Selbstverständlich spielt auch die „Klassenpersönlichkeit“ eine Rolle und da ich nur einen kleinen Einblick erhalten konnte, ist es mir nicht möglich zu generalisieren. Aber die Lernatmosphäre wirkte auf mich sehr angenehm. Die Schüler schienen sich gegenseitig zu akzeptieren. Ausgrenzungen auf Grund des Alters waren nicht zu beobachten. Abschließend möchte ich sagen, dass das Konzept jahrgangsübergreifendes Lernen durchaus auch in einer umfangreicheren Art hätte behandelt werden könnte (z.B. Examensarbeit), insbesondere da die Astrid-Lindgren-Schule diese Unterrichtsform erst ab kommendem Schuljahr auf alle Klassen ausweiten wird. Sicher wäre es spannend diesen Prozess weiter zu verfolgen und zu begleiten. Nachfolgenden Seminarteilnehmern des Seminars Schulprogramme und Evaluation kann ich deshalb nur empfehlen, sich ebenfalls mit dem Thema jahrgangsübergreifendes Lernen auseinanderzusetzen.

 

 

 

 

 

6. Danksagung

Ich bedanke mich an dieser Stelle besonders bei der Schulleiterin Frau Herwig für die freundliche und offene Aufnahme in ihrem Kollegium sowie für die zahlreichen Informationen über die Schule und das Konzept jahrgangsübergreifendes Lernen. Ein besonderer Dank gilt hierbei Frau Naumann, der Klassenlehrerin der 1/2 f, in deren Unterricht ich hospitieren durfte und die mir gerne all meine Fragen beantwortet hat. Von Frau Höfler erhielt ich Auskunft über die Hintergründe der Einführung des jahrgangsübergreifenden Lernens an der Astrid-Lindgren-Schule. Auch für ihre kompetente und freundliche Beantwortung meiner Fragen bedanke ich mich.

Ich habe mich an der Astrid-Lindgren-Schule sehr willkommen gefühlt.

 

7.Bibliographie

 

 

Claussen, C.: Soziales Lernen in altersgemischten Gruppen. Auf der Suche nach Alternativen zur Jahrgangsklasse im Regelschulwesen. In: Fölling-Albers, M. (Hrsg.): Veränderte Kindheit - veränderte Grundschule. Frankfurt 1989, S.163

 

Breuer, Sabine; Simon, Rainer: Jahrgangsübergreifender Unterricht - Ein notwendiger Reformansatz. In: Die Grundschulzeitschrift 150 (2001)

 

Breuer, Sabine: Jahrgangsübergreifendes lernen als Programm - Schulinterne Entwicklungsprozesse in der Grundschule Seth. In: Hameyer, Uwe/Fleischer-Bickmann, Wolf (Hg.): Schulprogramme. Portraits ihrer Entwicklung. S. 88-97

 

Freiherr-von-Eichendorff Grundschule: Informationen zum pädagogischen Konzept. < http://www.eichendorff-grundschule.de/juel.htm> (Stand 28.8.2009)

 

Pädagogische Begründung Jahrgangsübergreifendes Arbeiten 0-4 an der ALS (Quelle im Anhang)

 

Schulprogramm der Astrid-Lindgren-Schule Marburg 07/08 bis 09/10

 

Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München: Schulversuch „Jahrgangsgemischte Eingangsklassen“ http://www.isb.bayern.de/isb/download.aspx?DownloadFileID=64bc1082e7f40db11a425b7eacc969a5 (Stand 28.8.2009)

 

Urech, Christa: Altersdurchmischtes Lernen - Mehrwert durch Mehrklasse. Lehrerinnen und Lehrerkonferenz des Kantons AG, 23.November 2006. < www.elternforum-trogen.ch/index-Dateien/ADL_AR_Grub.pdf> (Stand 28.8.2009)

 

1 Breuer; Simon: Jahrgangsübergreifender Unterricht - Ein notwendiger Reformansatz, 2006, S. 1.

2 Ebd. S.1.

3 Ebd. S.1.

4 Breuer: Jahrgangsübergreifendes lernen als Programm - Schulinterne Entwicklungsprozesse in der Grundschule Seth, S. 88

5 Breuer; Simon: Jahrgangsübergreifender Unterricht - Ein notwendiger Reformansatz, 2001, S. 1

6 Ebd., S.3

7 Urech: Altersdurchmischtes Lernen - Mehrwert durch Mehrklasse. 2006, S. 3

8 Breuer: Jahrgangsübergreifendes lernen als Programm - Schulinterne Entwicklungsprozesse in der Grundschule Seth, S. 87.

9 Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München: Schulversuch „Jahrgangsgemischte Eingangsklassen“ S. 1.

10 Claussen: Soziales Lernen in altersgemischten Gruppen. Auf der Suche nach Alternativen zur Jahrgangsklasse im Regelschulwesen, 1989, S.163.

11 Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München: Schulversuch „Jahrgangsgemischte Eingangsklassen“ S. 1.

12 Ebd. S. 2.

13 Freiherr-von-Eichendorff Grundschule: Informationen zum pädagogischen Konzept

14 Breuer; Simon: Jahrgangsübergreifender Unterricht - Ein notwendiger Reformansatz, S. 3

15 Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München: Schulversuch „Jahrgangsgemischte Eingangsklassen“ S. 2.

16 Ebd., S.2.

17 Freiherr-von-Eichendorff Grundschule: Informationen zum pädagogischen Konzept

18 Breuer; Simon: Jahrgangsübergreifender Unterricht - Ein notwendiger Reformansatz, S. 3

19 Ebd., S.3.

20 Ebd. S. 4.

21 Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München: Schulversuch „Jahrgangsgemischte Eingangsklassen“ S. 2.

 

22 Schulprogramm der Astrid-Lindgren-Schule 07/08 bis 09/10, S. 5.

23 Pädagogische Begründung Jahrgangsübergreifendes Arbeiten 0-4 an der ALS, S.1, Quelle im Anhang.

24 Schulprogramm der Astrid-Lindgren-Schule 07/08 bis 09/10, S. 5.

25 Pädagogische Begründung Jahrgangsübergreifendes Arbeiten 0-4 an der ALS, S.1, Quelle im Anhang.

26 Schulprogramm der Astrid-Lindgren-Schule 07/08 bis 09/10, S. 8.

27 Schulprogramm der Astrid-Lindgren-Schule 07/08 bis 09/10, S. 27-28.